Freitag, 16. Dezember 2011

Die Altkleiderlüge - Wie Spenden zum Geschäft werden

Es ist Weihnachtszeit. Gerade in diesen Tagen spenden viele gutgläubige Bürger die von ihnen nicht mehr genutzte Bekleidung. Häufig verwenden sie dafür die zahlreich aufgestellten Kleidungsspendebehälter. In der Hoffnung, damit bedürftigen Menschen etwas Gutes zu tun.

Fast immer wissen diese Bürger nichts von der profitorientierten Verwertung, die sich oftmals hinter diesen Kleidungsspendebehältern steckt. Kurz, die gespendete Kleidung wird nicht so weiterverteilt, wie es sich die Spender für ihre Spenden erdacht hatten.
Für Pailak Mzikian ist das alles kein Problem. Er steht in Bitterfeld-Wolfen und beschreibt stolz die perfektionierte Arbeitsweise der größten Textilsortieranlage der Welt. Mzikian ist bei Soex in Wolfen angestellt. Das Hauptquartier der Soex Group, nach eigenen Angaben »weltweiter Marktführer« für Kleidungsrecycling, liegt in Bad Oldesloe bei Hamburg. Efiba, der Vertragspartner der Hilfsorganisationen, ist ein Tochterunternehmen von Soex, und im Wolfener Werk kommen die Lkw mit Spendenware im Minutentakt an. Bis zu 300 Tonnen Kleiderspenden sind es täglich, allein ein Viertel davon stammt aus den Containern des Deutschen Roten Kreuzes. Aber auch in kommerziellen Aufstellern auf Parkplätzen und an Supermärkten wird gesammelt, dafür ist die Soex-Tochter Retextil zuständig. Doch Efiba bringt aber deutlich mehr, wie Mzikian bestätigt.
Von den insgesamt rund 700.000 Tonnen Altkleidern, die 2010 laut Soex in Deutschland gesammelt wurden, verarbeitete die Firma allein 85.000 Tonnen und erzielte damit einen Gesamtumsatz von 58 Millionen Euro. Im vollcomputerisierten Sortierwerk Wolfen werden die Spenden nach Qualität neu gebündelt. Was gar nicht zu brauchen ist, muss nach deutschem Gesetz recycelt werden, aber das sind nur rund 15 Prozent der Ware. Der Rest der Spenden geht ganz andere Wege. Die besten Stücke davon, die sogenannte Creme-Ware, wird in die Länder des ehemaligen Ostblocks und in arabische Staaten exportiert und dort in Secondhandgeschäften verkauft. Alles Minderwertige geht nach Afrika, immerhin noch rund 60 Prozent der tragbaren Kleidung. Natürlich werden die Textilien dort verkauft. Gespendet wird nichts davon, meint Pailak Mzikian, »das wäre ökonomisch und nachhaltig nicht logisch. Wir sind ja ein Full-Profit-Unternehmen, keine NGO.«
Zeit.de

Die Folgen sind teilweise katastrophal.
Die Spenden gelangen beispielsweise nach Tansania in Afrika und landen dort in den zahlreichen Läden, in denen die Spenden angeboten werden. Durch die gespendete Billigware ist auf diese Art die einheimische Textilindustrie vernichtet worden. Tausende Textilarbeiter wurden dort arbeitslos und somit der Verarmung preisgegeben.
Ein Teufelskreis offenbart sich.

Nun ist es aber nicht so, dass alle Spenden den Geschäftemachern in die Hände fallen.
Den Lesenden sei daran erinnert, dass es sicherlich auch in ihrer Nachbarschaft/Region Einzelpersonen, Vereine oder Institutionen gibt, die die Spenden im Sinne ihrer Spender sammeln und verteilen.
Oftmals handelt es sich hierbei um Kirchengemeinden. Wer spenden will, sollte sich erkundigen.
Ebenso können die potentiellen Spender ihre Nachbarschaft aufmerksam wahrnehmen.
Ob es sich nun dabei um Bekannte handelt oder um Familien mit Kindern, es ist bestimmt keine Schande, Menschen in der unmittelbaren Umgebung Spenden anzubieten.
Ebenso, wie es keine Schande sein kann, Spenden anzunehmen. Ein Miteinander ist einem Gegeneinander vorzuziehen und es entbehrt jeder Vernunft, unsere Wegschmeißgesellschaft wider besseren Wissens zu fördern.

Der Bedarf ist jedenfalls vorhanden.


"Die Altkleider- Lüge" - ARD-Reportage

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