Freitag, 6. Januar 2012

Zoff bei der Linkspartei

Zwei Berliner Linke-Mitglieder fordern in einem Schreiben an Fraktionschef Gysi den stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, auf, sein Mandat niederzulegen.
Was war geschehen?
Dr. Bartsch, der angeblich zum Lesen der Bibel rät, hatte am 31.10.2011 geäußert:
Da in Zeiten schlechter Wahlergebnisse die Mandate knapper seien, würden sich die Abgeordneten der Linkspartei um die Posten streiten wie ›die Hartz-Vierer um den Alkohol‹.
Diese Äußerung sei "menschenverachtend", meinen die Berliner Genossen. Und sie wird von der Basis im direkten Zusammenhang mit der Beteiligung an der abgewählten Berliner Landesregierung gesehen. Auf deutsch, die Berliner Genossen haben die Schnauze voll, dadurch fühlten sich die beiden Mitglieder zum Handeln genötigt. So heißt es in dem offenen Brief über die Unzufriedenheit der Genossen:
Unsere Genossen und Koll., Beschäftigte im ÖD Berlin, bei der BSR, bei der CFM, Erwerbslose, waren nicht bereit zu tolerieren, daß die Partei keine Konsequenzen gezogen hat. Sie stellten unser mangelndes Agieren in dieser Angelegenheit in einen Zusammenhang mit dem Austritt des rot-roten Senats aus der Tarifgemeinschaft der Länder, dem Verkauf der 119.000 kommunalen Wohnungen, der fehlenden Unterstützung der Streikenden, damals der Beschäftigten im ÖD und jetzt bei der CFM. Zu beiden Gelegenheiten waren wir Teil der Landesregierung.
Luzifer meint: Schön, wenn auch die Genossen zunehmend ihre Quittung für ihre Fehlleistungen erhalten.
Doch bleibt anzumerken, dass sich die beiden Abgeordneten lediglich über die Form des Gesagten (Verpackung) aufgeregt haben, nicht aber über den Vorwurf (Inhalt) selbst. Daher ist anzunehmen, dass der Vizechef der Bundes- Linken nichts Falsches gesagt hatte, sich also nur im Ton vergriff.
Nicht wie man etwas sagt, sondern was man sagt, sollte entscheidend sein. In unserem Fall ist es anders.

Ob Bartsch mit seinem Hinweis auf's Lesen der Bibel auch folgenden Vers im Hinterkopf hatte, bleibt sein Geheimnis:
1) Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. 2) Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. 3) Denn vor denen, die Gewalt haben, muss man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes; so wirst du Lob von ihr erhalten. 4) Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut. 5) Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. 6) Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht. 7) So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.
Luther- Bibel, 1984, Römer 13
Jedenfalls denkt Bartsch dann nicht an Rücktritt.

3 Kommentare:

  1. Hallo und guten Tag,

    der Bericht ist gut. Vergleiche mit irgendeiner Gruppe gehen fast immer in die Hose. Das klappt nur bei Satire.
    "Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet."
    Der Satz gefällt mir. Wer daran glaubt muß auch akzeptieren, daß die gewählte Obrigkeit macht was sie will?
    Wer von den Mitspielern darf sich nun darauf berufen?
    Gruß aus Baden

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  2. @Norbert

    Moinsen,
    ich denke, es ist davon auszugehen, dass damit stets die amtierende und stärkste Obrigkeit gemeint ist.
    Historisch betrachtet ist dies auch eine Erklärung, weshalb der Klerus, aber auch das Rabbinertum zumindest nach aussen hin - stets opportunistisch gegenüber den vorherrschenden Machtverhältnissen waren.

    Gruß aus HH

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  3. Es ist schon erschreckend zu beobachten wie sich die Partei, die eine ernsthafte Alternative zur zusammenbrechenden neoliberalen Welt bieten könnte und müsste, selbst zerlegt. Doch verwundert mich das nicht mehr. Unsere parlamentarische Demokratie funktioniert in dieser Hinsicht zumindest äußerst effektiv!
    Die Frage die bleibt ist, sind Menschen tatsächlich derartig korrupt. Oder gehören jene die da ständig querschießen gar zu einer ganz anderen Partei? Letzteres würde vieles erklären!
    Gruß Uwe

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