Donnerstag, 20. September 2012

Schluß mit lustig

US-amerikanische Regierungsbehörde muß ihr Moskauer Büro zur Finanzierung russischer Oppositionsgruppen schließen
Rußland hat die US-amerikanische Regierungsbehörde USAID aufgefordert, zum 1. Oktober ihr Moskauer Büro zu schließen und ihre Tätigkeit im Land einzustellen. Das gab das russische Außenministerium am Mittwoch bekannt. Die Entscheidung sei in erster Linie getroffen worden, weil die Tätigkeit der Dienststelle »nicht immer mit den erklärten Zielen der bilateralen humanitären Zusammenarbeit in Einklang stand«, hieß es auf der Website des Ministeriums. Das beziehe sich auf die Vergabe von Geschenken zum Zweck der Beeinflussung der russischen Innenpolitik, einschließlich der Wahlen.Über die russische Maßnahme war die Öffentlichkeit zuerst am Dienstag durch die Sprecherin des State Departments, Victoria Nuland, informiert worden. Nach ihren Angaben war Washington schon am 12. September über die Entscheidung der russischen Regierung unterrichtet worden. US-amerikanischen Presseberichten zufolge hatte Moskaus Außenminister Sergej Lawrow seiner Kollegin Hillary Clinton bereits am 8. September bei einem Treffen in Wladiwostok die geplante Maßnahme angekündigt.
Keine Hilfsorganisation
Daß Rußland mit der Arbeit von USAID, die sich hauptsächlich der Finanzierung regierungsfeindlicher Kräfte widmet, unzufrieden ist, war seit langem kein Geheimnis mehr. Gerüchte über bevorstehende Schritte der Moskauer Regierung wurden schon Anfang August in russischen Medien erörtert. Beflügelnd wirkte dabei möglicherweise eine Entscheidung der lateinamerikanischen Staatengemeinschaft ALBA. Deren Außenminister hatten am 22. Juni am Rande eines Treffens in Rio de Janeiro (Brasilien) ihre Regierungen aufgerufen, die Mitarbeiter von USAID unverzüglich nach Hause zu schicken. Der Gruppe gehören Kuba, Bolivien, Ecuador, Venezuela und Nikaragua sowie einige kleine Inselstaaten an.
Entgegen der Sprachregelung mancher Mainstreammedien ist USAID keine »Hilfsorganisation«, sondern eine Regierungsbehörde, die direkt dem State Department untersteht. Sie ist gegenüber der Außenministerin und letztlich auch gegenüber dem Präsidenten weisungsgebunden. Die zentrale Aufgabe von USAID ist mit »Unterstützung der außenpolitischen Ziele der Vereinigten Staaten« klar vorgegeben. Die Dienststelle, die auch als Cover für den Auslandsgeheimdienst CIA dient, beschäftigte in ihrem Moskauer Büro zuletzt 13 US-Amerikaner und die stattliche Anzahl von 60 russischen Mitarbeitern.
USAID nahm ihre Arbeit in Rußland nach der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 auf. Nach Angaben von State-Departments-Sprecherin Nuland hat die Behörde dort seither insgesamt mehr als 2,7 Milliarden Dollar ausgegeben. Im laufenden Finanzjahr beträgt der entsprechende Etat jedoch nur noch knapp 50 Millionen, also weniger als die Hälfte des Durchschnitts der vergangenen zwei Dekaden. Außerdem hat sich der Schwerpunkt deutlich von den früher im Vordergrund stehenden medizinischen Projekten – wie etwa Prävention und Hilfe gegen AIDS und Tuberkulose – auf den rein politischen Bereich verschoben. Berichten US-amerikanischen Zeitungen zufolge sind von den 49,47 Millionen Dollar des laufenden USAID-Rußland-Etats 59 Prozent offen als »Unterstützung von Demokratie und Zivilgesellschaft« deklariert, aber nur 37 Prozent als Hilfe für Gesundheitsprojekte; die übrigen vier Prozent sollten dem Umweltschutz zugute kommen.
Washington sucht Ersatz
Während USAID nun seine Zelte in Moskau abbrechen muß, können andere US-Organisationen ihre Unterstützung regierungsfeindlicher Aktivitäten vorläufig fortsetzen. Darunter sind die »Stiftungen« der beiden großen Kongreßparteien, das National Democratic Institute und das International Republican Institute, sowie das neokonservativ geprägte National Endowment for Democracy. Sie alle gelten in der offiziellen amerikanischen Sprachregelung als NGOs, also Nicht-Regierungsorganisation. In Wirklichkeit werden sie jedoch nahezu ausschließlich aus dem Staatshaushalt finanziert.
Die US-Medien gehen allgemein davon aus, daß Washington nach Wegen suchen – und sie wohl auch finden wird – seine russischen Kostgänger auch künftig materiell gut auszustatten. Die New York Times berichtete am Dienstag, daß die Obama-Administration in kluger Voraussicht schon im Oktober vorigen Jahres die Schaffung eines neuen, mit 50 Millionen Dollar ausgestatteten Fonds vorgeschlagen habe, den man als »private Stiftung« nach russischem Recht etablieren möchte. Die Arbeit an diesem Projekt soll nun beschleunigt werden.
(c) Knut Mellenthin (jW) 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen